Aktuell arbeiten an die 700.000 Arbeitnehmer in Österreich im Home-Office. Wenngleich der Arbeitsplatz daheim auch ein hilfreiches Mittel zur Bewältigung der Corona-Krise für Unternehmen darstellt, ergeben sich daraus auch gleichzeitig einige Fragen zu den Regelungen des Home-Office. Eine eindeutige Klärung dieser Punkte erscheint umso wichtiger, da das Home-Office auch nach der Corona-Krise weiterhin eine gewichtige Rolle in den Unternehmen einnehmen und die Arbeitswelt nachhaltig verändern wird. Auch deshalb arbeiten Bundesregierung und Sozialpartner gerade an einer neuen Home-Office-Regelung, die den aktuellen Entwicklungen und Herausforderungen gerecht wird.

Die Arbeitswelt befindet sich gerade in einer Transformationsphase der Arbeitskultur von „Leistung durch Anwesenheit“ auf „Leistung durch Zielerreichung“. Dies bedingt mehr Selbstverantwortung der Arbeitnehmer, mehr Vertrauen der Vorgesetzten und eine andere Herangehensweise an eine Teamführung, als auch die klare Ausarbeitung von Regeln im Umgang mit dem Home-Office.

Eine der zentralen Fragen, die momentan immer häufiger gestellt werden – auch bei unseren Kunden – ist dabei das Thema der Kontrolle und Überwachung im Home-Office. So arbeitet man zwar von zuhause aus, dennoch werden unzählige Videokonferenzen abgehalten, steht man mit Kollegen über die verschiedenen Kanäle von Collaboration-Tools im Dauerkontakt als auch eine Menge an Daten über Clouds und andere digitale Wege ausgetauscht werden. Aber: soll ein Arbeitnehmer im Home-Office kontrolliert werden? Darf man das überhaupt und wenn ja, was? Durch die vermehrte Anwendung des Home-Office gerade in der Corona-Krise rücken diese Fragestellungen immer mehr in den Mittelpunkt, sowohl bei Arbeitgebern als auch Arbeitnehmern.

Technische Möglichkeiten der Überwachung

Moderne Collaboration-Tools geben, wie auch die meisten anderen Systeme und Applikationen, vielfältige Möglichkeiten an Aufzeichnung von Daten. So kann etwa abgefragt werden, wie lange diese Tools vom Benutzer verwendet wurden, wieviel Mails oder Chatnachrichten verschickt wurden, wie viele Videokonferenzen abgehalten wurden, wer wann welche Daten mit wem auch immer geteilt hat. Diese technischen Möglichkeiten sind – nach Angaben der Hersteller – eigentlich dazu gedacht, dass Abläufe analysiert und effizienter gestaltet werden können. Gleichwohl können diese Daten aber auch rein technisch zur Überwachung eingesetzt werden. Dieser Umstand kann auch zu Missständen und Konflikten innerhalb eines Unternehmens führen und somit das Unternehmensklima negativ beeinflussen. Aber wie damit umgehen? Einerseits durch die Einhaltung von gesetzlichen Regelungen und Betriebsvereinbarungen, andererseits auch durch die Definition betriebsinterner Spielregeln.

Spielregeln

Mit Spielregeln sind nicht die gelebten sozialen Normen im Unternehmen gemeint, sondern explizit schriftlich fixierte Regeln. Sie betreffen vor allem Änderungen und Vereinfachungen im Zusammenspiel der unterschiedlichen Organisationselemente und ihrer verwendeten Systeme. Spielregeln können in den Unternehmensrichtlinien enthalten sein, vom Betriebsrat kommen oder explizit entwickelte eigene Spielregeldokumente sein. Diese Dokumente beinhalten Regeln etwa zu Zusammenarbeit & Koordination, Informationsfluss, Kommunikation, Führung, Kontrolle, Zusammengehörigkeitsgefühl, Konfliktvermeidung, Büronutzung oder zur Grenze zwischen Beruf und Privatleben. In diesem Kontext können auch Spielregeln zum Thema Überwachung (oder deren Vermeidung) im Home-Office definiert werden. Spielregeln sollen aber transparent und unter Einbeziehung aller Betroffenen ausgearbeitet werden.

> Mehr dazu in unserem Blog „Spielregeln in der neuen Arbeitswelt“

Gesetzliche Bestimmungen und Betriebsvereinbarungen

Einerseits gibt es bereits gesetzliche Regelungen, die Elemente zum Home-Office beinhalten, andererseits ist eine neue Home-Office Regelung durch die Bundesregierung und die Sozialpartner in Ausarbeitung. Es ist anzunehmen, dass diese Regelung auch Aspekte zur Kontrolle im Home-Office beinhalten wird.

An sich ist Home-Office in Österreich (noch) nicht explizit geregelt. Auch besteht kein gesetzliches Recht auf Home-Office, sondern es benötigt immer eine Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer. Gesetzliche Bestimmungen, die Regelungen zum Home-Office beinhalten, sind zum Beispiel das Arbeitsverfassungsrecht (ArbVG), das Arbeitsvertragsrechtsanpassungsgesetz (AVRAG), die Europäische Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) und das Datenschutzgesetz (DSG). Es gibt auch bereits einige Kollektivverträge, die Rahmenbedingungen für das Home-Office beinhalten (z.B. KV für Angestellte Handwerk und Gewerbe, KV für Information und Consulting). Generell gilt, dass bei Kontrollmaßnahmen im Home Office dieselben Regelungen heranzuziehen sind, wie bei Kontrollmaßnahmen am Arbeitsplatz des Arbeitnehmers im Betrieb. Auch darf keine Kontrollmaßnahme die Menschenwürde des Arbeitnehmers verletzen.

Bei Betrieben mit Betriebsrat gilt, dass Kontrollmaßnahmen, die die Menschenwürde und somit die die Persönlichkeitsrechte von Arbeitnehmern betreffen (z.B. durch Videoüberwachung am Arbeitsplatz, GPS-Ortung von Außendienstmitarbeiter oder die Aufzeichnung der Arbeitsleistung durch Maschinen), nur dann eingesetzt werden dürfen, wenn der der Betriebsrat mit dem Betriebsinhaber darüber eine Betriebsvereinbarung getroffen hat. In Betrieben ohne Betriebsrat dürfen Kontroll­maß­nahm­en nur mit Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer durchgeführt werden.

Kontrollmaßnahmen dürfen nur soweit gehen, sodass die Menschenwürde nicht berührt wird. Das wäre zum Beispiel der Fall bei in Arbeitsbereichen eingesetzten Videoüberwachungskameras oder bei der Aufzeichnung der Leistung durch Maschinen, die einen Rückschluss auf die Arbeitsleistung des an der Maschine tätigen Arbeitnehmers zulassen. Solche Maßnahmen sind nur bei Vorliegen einer entsprechenden Betriebsvereinbarung zulässig bzw. bei Zustimmung der einzelnen Arbeitnehmer in betriebsratslosen Betrieben. Das Aufzeichnen der Aktivität von Maus und Tastatur, oder das Fotografieren per Webcam, um den anderen zu zeigen, dass der jeweilige Mitarbeiter an seinem Arbeitsplatz sitzt und arbeitet ist daher beispielsweise unverhältnismäßig und damit unzulässig.

Wir beraten unsere Kunden bei der Konzeption und Implementierung von ganzheitlichen Home-Office-Lösungen auch in diesen sensiblen Bereichen des Umgangs mit diesen neuen Technologien und Arbeitsplatzstrategien.

Weiterführende Links:

> Information der WKO zu Telearbeit

> Information der Arbeitsinspektion: Telearbeitsplätze, Homeoffice