ein Artikel von Franz Kühmayer erschienen auf Saal Zwei
Unternehmens- und Mitarbeiterführung ändert sich radikal. Der Manager als Macher, der Überblick, Deutungshoheit und Kontrolle hat, ist ein Auslaufmodell. Wer aber gibt stattdessen den Ton an? Das Frankfurter Zukunftsinstitut hat die Herausforderungen moderner Führung in den sog. postheroischen Zeiten analysiert. Für SAAL ZWEI erläutert Franz Kühmayer die Schlüsselkompetenzen eines Leaders. In Kurzform vorweggeschickt: Führung kann nur der Versuch sein, ein komplexes System zu steuern, das eigentlich gar nicht steuerbar ist.
“Wo wir sind, ist vorne – sind wir hinten, dann ist hinten vorne.” So besang Falco, der Popstar der 1980er Jahre, das Phänomen des Heldentums: aufrecht stehend, an der Spitze, klar sichtbar für alle anderen, deren Rolle damit auch von vornherein festgelegt war: dem Helden zu folgen. So ähnlich sehen sich Führungskräfte auch heute noch, als richtungsweisende, herausragende Persönlichkeiten, prägend für die Organisation, der sie vorstehen. „Natürlich muss und kann ein Leader Impulse setzen“, betonen die Organisationsentwickler Hans A. Wüthrich, Dirk Osmetz und Stefan Kaduk, „aber letztlich bedeutet Führung, den Versuch zu unternehmen, ein komplexes System zu steuern, das schon angesichts seiner ungeheuren Komplexität gar nicht steuerbar ist.“ Jedenfalls nicht im linear kausalen Sinne: Hier drücken, dort drehen, damit das gewünschte Ergebnis entsteht. Diese ernüchternde Erkenntnis lässt das Bild des Managers als Held verblassen und führt direkt zur Frage nach der Rolle und den Schlüsselkompetenzen für das Leadership der Zukunft.
1. TRUST-BASED PERFORMANCE MANAGEMENT: HELDEN VON MORGEN
Statusberichte, Key Performance Indicators, Scorecards bestimmen den Alltag vieler Führungskräfte. In unruhigen Zeiten ist es naheliegend, dass man sein Business genau im Griff haben und möglichst exakt Schwachstellen erkennen will. Nur leider führt die Sehnsucht nach Exaktem allzu oft zu Mikromanagement. Daher:
– Abschied von der Messbarkeit
Kleinteiliges Performance-Management verändert das Unternehmen. Wer ständig seine Arbeit verteidigen muss, wird sich schnell eine passende Strategie dafür zurechtlegen.
– Vertrauen heißt der Treibstoff
Davon auszugehen, dass Mitarbeiter gerne etwas leisten, ist nicht nur ein lohnendes Menschenbild, sondern auch schlichtweg praktisch: Wer betrügen will, wird das auch in eng gefassten Systemen tun; wer sich einbringen will, wird im Rahmen eines hohen Freiheitsgrades eher die Bereitschaft zeigen, unternehmerisch zu agieren.
– Führen über Ergebnisse
Dazu gehört wertschätzendes, offenes Feedback, ehrliches Ansprechen von zu geringen Leistungen, aber auch gemeinsames Lernen aus Fehlern.
– Aus Kontrollverlust wird Gestaltungsgewinn
Wenn die Führungskraft ihre Energie nicht mehr auf die Überwachung der Mitarbeiter richten muss, hebt sich fast automatisch der Blick auf größere Fragen: Marktchancen, Potenziale der Zukunft, strategische Aufgaben.
2. EMPATHETIC INFLUENCE: HELDEN VON MORGEN
Als Marissa Mayer im Februar 2013 als CEO von Yahoo ihre Mitarbeiter aus den Home Offices wieder zurück ins Bürogebäude beorderte, gab es umgehenden Beifall der Gegner flexibler Arbeitsumgebungen. Schließlich sei Remote Working nicht mit einer Performance-Kultur vereinbar. Aber vielleicht wäre es klüger gewesen, wenn Mayer nicht die Homeworking-Policy zurückgedreht, sondern die Führungskompetenzen ihrer Manager weiterentwickelt hätte.
– Lebenslanges Lernen: Führungskompetenzen erweitern
Interessanterweise scheint gerade im Management der Glaube verbreitet zu sein, dass Training on the Job ausreicht, um die eigenen Fertigkeiten zu verbessern. Eine Studie aus dem Jahr 2011 unter 1.500 Managern aus ganz Europa kommt zu einer bedrückenden Erkenntnis: Fast ein Viertel der befragten Manager (24 %) haben an überhaupt noch keiner Weiterbildungsmaßnahme teilgenommen.
– Remote Management: Führung über Distanzen
Wer sich mit dem Führen von örtlich, zeitlich und organisatorisch verteilten Teams nicht wohlfühlt, hat in Zukunft nur zwei Alternativen: Kompetenzsteigerung, um diese Schwäche zu überwinden, oder die Rolle wechseln. Der selbstverständliche Führungsstil, der auf die gleichzeitige Anwesenheit von Manager und Mitarbeiter ausgerichtet ist, hat ausgedient.
– Ende der Office-Egomanias-Ära
Das setzt gefestigte und reflektierte Persönlichkeiten voraus, die in sich ruhen und auch führen können, ohne laut zu sein. Dafür sind vor allem zwei Kompetenzen entscheidend: Empathie und Selbstmanagement.