Über neun Wochen veröffentlicht Der Standard eine Artikelserie rund um das Thema “Unternehmen der nächsten Generation”.
Autoren: Michael Bartz, Andreas Gnesda und Thomas Schmutzer
Den vierten Artikel Arbeiten im Unternehmen der nächsten Generation finden Sie hier.
Quelle: Der Standard (Sa. 21.01.2017)
Nachstehend die ungekürzte Fassung des vierten Artikels der Serie:
Arbeiten im Unternehmen der nächsten Generation
„Ich gehe jetzt in die Arbeit“ ist ein Satz der in der Früh oft gesagt wird wenn man das Haus verlässt. Gerade im Zeitalter der Digitalisierung ist es wirklich spannend, wie lange dieser Satz noch Gültigkeit hat. Wie lange im Begriff „Arbeit“ auch automatisch eine klare Ortsbezeichnung (nämlich die des Firmensitzes/Büros/klar zugeordneten Arbeitsplatzes) mitschwingt. Diese Definitionsänderung wird sehr stark von der Einführung neuer Technologien und Tools vorangetrieben. Dass es in vielen Firmen überhaupt kein Thema mehr ist, wenn sich Mitarbeiter über Videocall ins Meeting einwählen oder Unterlagen „mobil“ verfügbar sind. An diesen Beispielen erkennt man, dass Arbeit als Ortsbezeichnung ausgedient hat. Ein Mindset-Change ist im Gange, wonach nicht nur das „wo“ sondern sukzessive auch das „wann“ an Bedeutung verlieren wird, wie Studien der IMC FH Krems zeigen.
Ist das hier ein Plädoyer für die Abschaffung von Büros und Firmenstandorten? Geht es hier um die völlige Aufhebung von fixen Arbeitszeiten? Auf keinen Fall! Manche Jobs können de fakto nur an einem bestimmten Ort und auch zu einer bestimmten Zeit verrichtet werden.
Es geht also vielmehr darum, an fixen Zuordnungen, an starren Strukturen ein wenig zu rütteln und so die „in der Arbeit = im Büro“-Denke aufzuweichen.
Viele Firmen haben hier bereits eine Vorreiterrolle eingenommen und zum Beispiel so wie OMV die Tätigkeiten der Mitarbeiter gemäß eigens entwickelter Workstyles oder auch Arbeitsweisen definiert. Dass die Kollegin im Vertrieb anders arbeitet, damit auch andere Tools und Werkzeuge braucht und natürlich auch von anderen Orten darauf zugreifen muss, als zum Beispiel der Kollege in der Personalverrechnung, liegt auf der Hand. Spannend wird es, wenn man die gesamte Belegschaft gemäss ihrer Arbeitsstile betrachtet. So wurden bei OMV die vorhandenen Arbeitsweisen genau analysiert und in unterschiedliche Kategorien eingeteilt. Ob jemand kollaborativ oder mehr analytisch arbeitet, hat großen Einfluss sowohl auf die zu nutzenden Tools als auch auf den Ort, an dem die Tätigkeit erbracht wird. Früher wurden Arbeitsplätze in Büros mehrheitlich identisch ausgestattet. Unterbrochen wurde dies hin und wieder durch Hierarchie, wenn der Abteilungsleiter im Unterschied zu seinen Mitarbeitern plötzlich das neueste/schnellste/beste Gadget hatte – auch wenn er es aufgrund seiner Tätigkeit vielleicht gar nicht zwingend benötigte. Oder nur die „besten Mitarbeiter“ mobil arbeiten durften. Viel sinnvoller erscheint da natürlich der Ansatz, den OMV gewählt hat – bei dem rein die Tätigkeit der Mitarbeiter ausschlaggebend ist für das wo und das wie ihres Arbeitsplatzes. Genauso wie der Zugang von IBM und auch BMW, wo mobiles Arbeiten schlichtweg Standard ist und weder groß darüber diskutiert noch es als „Belohnungssystem“ eingesetzt wird.
Was hier so leicht dahin gesagt wird, bedarf natürlich großer Änderungen – und zwar im Verhalten und Mindset von Mitarbeitern wie auch von Führungskräften. Von beiden wird eine große Menge mehr an Selbstverantwortung vorausgesetzt, wobei in vielen Fällen noch gelernt werden muss damit umzugehen. Diese neue Art der Arbeit wirkt sich über lang oder breit auch auf die Zusammenarbeit, die Meeting-Kultur und auch die Organisation im Unternehmen aus. Müssen im wöchentlichen JFX wirklich alle Mitarbeiter persönlich im Raum sein sein? In welchen Meetings kann ich mich auch über Videocall einwählen? Gibt es Tätigkeiten und auch Mitarbeiter für die mobiles Arbeiten nicht geeignet ist? Und wenn ja, ist der Führungskraft dann tatsächlich immer Angst vor Kontrollverlust vorzuwerfen?
Viele Änderungen sind im Gange, viel Umdenken ist und wird auch in Zukunft noch erforderlich sein, viele Learnings liegen noch vor uns. Und wie wir alle wissen, lernt man am besten aus Fehlern – und aus Erfahrungsberichten anderer Unternehmen.
Erfahrungsberichte von Unternehmen, die Schritte in ganz neue Richtungen gewagt haben, wurden von Springer in dem brandneuen Buch dem Titel „Unternehmen der nächsten Generation“ zusammengefasst (ISBN 978-3-662-52818-1). Ausführliche Informationen zum Buch sind online verfügbar: Springer
Hier geht es zur Version des Artikels, die im Standard veröffentlicht wurde:
www.pressreader.com/austria/der-standard/20170121/282424168926790