Wir alle kennen wahrscheinlich das Gefühl, wenn ein Telefonat oder Email einfach nicht ausreicht. Wenn man etwas erklären oder erzählen möchte, aber telefonisch oder schriftlich nicht weiterkommt. Und wie einfach es dann manchmal ist, wenn man sich persönlich austauscht und ein Meeting abhält.
Es liegt viel Potential darin, den Kundenkontakt in Contact Centern auch auf eine visuelle Ebene  zu heben. Eine Ebene, in der sich Contact Center Agent und Kunde gegenüber sitzen – über Videokommunikation. Aber reicht es, einfach technologisch aufzurüsten und die Komponente Video zur Verfügung zu stellen? Wahrscheinlich erahnen Sie bereits die Antwort: nein, es reicht nicht. Denn die Einführung eines neuen Kanals für den Kundenkontakt hat weitaus mehr Dimensionen als nur die technische, besonders wenn es sich um so einen sensiblen Kanal handelt.

Warum Videokommunikation so sensibel ist

TV Moderatoren und Nachrichtensprecher, die ihren Job hinter einem Tisch sitzend ausüben, tragen elegante Kostüme, feine Kleider und attraktive Anzüge – und unter der Tischplatte gerüchteweise Jogginghosen und Birkenstock-Schlapfen. Weils egal ist. Weils keiner sieht. Ähnlich verhält es sich in Contact Centern, die mit Email und Telefon arbeiten. Völlig egal, ob ein bauchfreies Hello Kitty T-Shirt und eine kurze Hose getragen werden, irrelevant ob der Contact Center Agent 3 Piercings in Mund und Augenbraue hat, ohne Bedeutung ob daneben private Fotos der Kinder oder vom Partner hängen, belanglos ob im Hintergrund der Kollege grade seine Wurstsemmel isst. Solange die Beratung und der Infoaustausch professionell und zur Zufriedenheit des Kunden ablaufen, passt ja alles.
Die Einführung von Videokommunikation in einem Contact Center hat also auch organisatorische Komponenten, die berücksichtigt werden wollen. Denn die Agents und auch die Räume, in denen sie arbeiten werden automatisch zu Aushängeschildern von Image und Marke Ihres Unternehmens.

Was ist der Plan?

Diese Frage sollte ganz am Anfang aller Überlegungen stehen. Warum möchte ich Videokommunikation einführen? Eignet sich dieser Kanal überhaupt für mein Unternehmen und meine Produkte? In einem Unternehmen, das Geriatrie-Produkte verkauft, werden Social Media und Videokommunikation wohl nicht wirklich zum Einsatz kommen. Ist Ihre Zielgruppe allerdings im Kinder- und Jugendsegment, sieht die Sache schon anders aus. Welche Zielgruppen möchte ich also über Videokommunikation beauskunften und bedienen? Welche Tasks und Fälle sollen darüber abgewickelt werden? Entspricht es überhaupt dem Kundenwunsch, dass ein neuer Kanal eingeführt wird? Sollen alle Telefonagents auch Videoagents sein? Wenn nein, welche nicht? Werden zusätzliche Ausbildungen benötigt? Denn es will nicht nur mit Video umgegangen werden, sondern auch mit add-ons wie Document Sharing – wodurch der Vorteil des neuen Kanals für den Kunden erst so richtig evident wird und das Ganze den Beigeschmack eines „echten Meetings“ bekommt. Will ich als Unternehmen überhaupt die Dimension „Bild“, dem bislang telefonischen/schriftlichen Kontakt hinzufügen? Zwischen welchen Kanälen soll eine Lastverteilung möglich sein?
Ohne klare Strategie wird es nicht gehen. Eine Strategie übrigens, die vom ganzen Unternehmen getragen und vom Topmanagement gestützt werden muss. Mindestens genauso wichtig wie die Einbindung des Topmanagements ist es, den Betriebsrat auf seiner Seite zu haben. Eine kluge und wohlüberlegte Vorgehensweise ist also mehr als anzuraten. Und von dem anfänglichen Gedanken der „simplen Hinzuschaltung eines weiteren Kundenkontakt-Kanals“  sollte man sich sehr rasch verabschieden.

Vergessen Sie nicht, für jede Aufgabe gibt es das richtige Tool

Ihr Andreas Derler-Klocker

Andreas-Derler-Klocker Consultant HMP

Andreas Derler-Klocker
Consultant HMP